Ethisches Handeln: Der blinde Fleck im Innovationsmanagement
Innovation gilt heute als etwas grundsätzlich Positives und wird häufig mit Wachstum und Wettbewerbsvorteil gleichgesetzt. Aber reicht das angesichts der globalen Herausforderungen? Ist das technisch Mögliche auch das gesellschaftlich Richtige? Oder müssen Führungskräfte und Mitarbeiter nicht noch viel genauer hinschauen, wie sich die Veränderungen auf den Menschen und seine Umwelt auswirken? Die Markenexpertin Christina Buck plädiert für mehr Ethik bei Führungskräften und Mitarbeitern, damit Innovationen mit einem echten Mehrwert für die globalen Systeme entstehen können.

Aus unserem heutigen Wirtschaftssystem sind Innovationen nicht mehr wegzudenken. Unsere Gesellschaft entwickelt sich immer schneller in Richtung agiler Systeme. In den meisten Unternehmen werden, zumindest in Teilbereichen, agile Prozesse wie Scrum oder Kanban eingesetzt. Innovationen sind heute also Commodities. In einer Welt immer knapper werdender Ressourcen wird es zunehmend wichtig, darüber zu diskutieren, wie Innovationen – neben dem „Höher, Schneller, Weiter“ − das Erreichen von Nachhaltigkeitszielen unterstützen können. Die Vereinten Nationen haben 2015 globale Nachhaltigkeitsziele definiert, die von sämtlichen Mitgliedsstaaten unterzeichnet wurden. Diese Sustainable Development Goals haben unter anderem zum Ziel, ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum unter der Berücksichtigung menschenwürdiger Arbeit zu fördern. Die Nachhaltigkeitsziele sollen von den Mitgliedsstaaten und den Unternehmen in diesen Ländern bis 2030 erfüllt werden.
Daher sollten sich Unternehmen verstärkt die Frage stellen, ob die Fähigkeiten und das Wertesystem der heutigen Führungskräfte geeignet sind, um Innovationen und Veränderungen nachhaltig zu gestalten. Auch heute noch ist in vielen Unternehmen (Start-ups seien hier mal ausgenommen) das Führungsverständnis eng an eine hierarchische Struktur gekoppelt. Um sich aber in einem sich schnell ändernden Markt mit immer kürzereren Innovationszyklen behaupten zu können, wird von Unternehmen mehr agiles Management gefordert, jenseits von Hierarchie und dem klassischem Führungsverständnis „alles auf mein Kommando“.
Neues Führungsverständnis gesucht
Ob eine kulturelle Transformation und nachhaltige Innovationen erfolgreich sein können, hängt stark von der Einstellung und dem Verhalten der Führungskräfte ab. Das ist das Ergebnis zahlreicher Studien. Sie alle kommen zu dem Schluss, dass heutige Führungskräfte ein neues Rollenverständnis mitbringen müssen. Neu daran ist, Führung losgelöst von einer zugewiesenen Funktion zu betrachten. Führung sollte als ein Prozess sozialer Interaktionen verstanden werden, unabhängig von hierarchischen Strukturen. Das bedeutet, dass sich Führungskräfte von ihrer emotionalen Bindung an eine hierarchische Funktion und den dazugehörigen Regeln lösen müssen. Außerdem fordert ein innovationsgetriebenes Umfeld, dass Führungskräfte ihr Verhalten je nach Aufgabenkontext immer wieder der jeweiligen Situation anpassen. Ein starres Führungsverständnis und ein Festhalten am „Das haben wir schon immer so gemacht“ sind eher kontraproduktiv. Auch müssen Führungskräfte verstärkt unternehmerisch denken und handeln. Ob sie diese Fähigkeiten besitzen, entscheidet im Innovationszeitalter maßgeblich über den Erfolg und Misserfolg einer Organisation.
Da ist es nur logisch, dass Unternehmen heute verstärkt Führungskräfte suchen, die diese Fähigkeiten mitbringen. Liest man die Stellenprofile auf den Jobseiten, entsteht der Eindruck, dass vom Start-up bis zum Konzern auf allen Ebenen agile Unternehmer oder doch wenigstens Intrapreneure gesucht werden. Aber natürlich gibt es schon jetzt viele Führungskräfte mit diesen Fähigkeiten: Die Vielzahl an Veränderungen und Innovationen in unserer heutigen Gesellschaft wären ohne diese Menschen mit ihrer Gestaltungskraft und ihrem Erneuerungswillen nicht möglich.
„More of the same“ und die gesellschaftlichen Folgen
Das Rekrutieren neuer Führungskräfte dient oftmals als „Störfaktor“, der ein Unternehmen erneuern und innovativer machen soll. Dies kann gelingen. Allerdings führt das in stark hierarchischen Strukturen und in Unternehmen mit einer geringen Veränderungsbereitschaft oft zu einem massiven Widerstand. Diejenigen, die verändern wollen und sollen, werden vom System abgestoßen. Die persönliche Widerstandsfähigkeit des Einzelnen reicht in diesen Situationen oftmals nicht aus und es kommt zu negativen persönlichen Folgen wie Frustration oder Burnout. Der seit 2014 von der Gesundheitsförderung Schweiz erhobene Job-Stress-Index zeigt, dass die Anzahl der Burnout-Erkrankten in der Schweiz jährlich um knapp zwei Prozent zunimmt.
Organisationen reagieren darauf oft reflexartig mit „more of the same“. Haben diese neuen Führungskräfte nicht die angestrebte Veränderung gebracht, werden weitere Querdenker rekrutiert, noch mehr Reorganisationen durchgeführt, Prozesse weiter optimiert, neue Innovationsprozesse eingeführt oder noch disruptivere Ansätze gewählt, die das Unternehmen innovativer und erfolgreicher machen sollen. Das löst in den meisten Organisationen auf Dauer Verunsicherungen, Orientierungslosigkeit, Ängste, passiven oder sogar aktiven Widerstand aus. Es ist wie ein endloser Kreislauf und führt in letzter Konsequenz zu erheblichen gesellschaftlichen Kosten. Das ökonomische Potenzial, welches sich durch die Reduktion gesundheitsbedingter Produktivitätsverluste ergeben würde, betrug 2018 in der Schweiz 6,5 Milliarden Schweizer Franken, das ist ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Das klingt erst mal wenig, allerdings ist die Tendenz steigend.
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